Eine Besucherin der jüngsten Veranstaltung in der Graben-Neudorfer Gemeindebibliothek war nach dem Auftritt des Theaters „Fiesemadände“ so hingerissen von den Eindrücken des Abends, dass sie
Bibliotheksleiterin Heidrun Löhlein umgehend das Versprechen abnahm, sich bald wieder um eine Verpflichtung der Akteure zu bemühen. Und sie war nicht die einzige Besucherin, die vom Auftritt des
Trios begeistert war. Diesen jedoch so zu beschreiben, dass ihn auch jemand erfassen kann, der den Abend unter dem Motto „Swing and Puppets“ nicht live erlebt hat, ist nahezu unmöglich. Außer
Frage steht, dass Carsten Dittrich, Leiter des Theaters „Fiesemadände“, ein kreativer Tausendsassa ist: Als Sänger, Sprecher, Puppenspieler und Improvisationsgenie überzeugt der gebürtige
Oberkircher mit Wandlungsfähigkeit und verbaler Virtuosität. Begleitet wurde er an diesem Abend von zwei nicht minder genialen Musikern, die „Swing and Puppets“ auf die Bühne brachten. Michael
Bühler beeindruckte mit facettenreicher Stimme und instrumentalistischer Vielfalt, Josef Prestel sorgte als „Tastenfachkraft“ für den richtigen Begleitsound. Gemeinsam spielte und sang sich das
Trio durch einen bunten Mix bekannter Lieder, überspitzte sie gelegentlich nach Lust und Laune oder textete sie gar ganz neu. Viel Swing, Operettenmelodien neu interpretiert und zeitlose
Klassiker wie „Kein Schwein ruft mich an“ von den „Comedian Harmonists“ mischten sich dabei zu einem musikalischen Cocktail voller Esprit. Im Zentrum des Programms standen jedoch zwei Puppen,
denen Carsten Dittrich Leben einhaucht. Da ist der ehemalige Butler „Jean“, der als verkrachte Existenz einen starken Hang zu pfälzischem Spätburgunder entwickelt hat und sich selbst entsetzlich
leidtut. Deshalb singt er am liebsten sogenannte „Loser-Lieder“, also Songs von und für Menschen, denen„ die Sonne nicht aus dem Allerwertesten scheint“. Und dann hat noch ein anderes Geschöpf
eine wichtige Rolle: Baltus van Tussel, ehemaliger Regierungsbeamter und mittlerweile Leiche im Verwesungsstadium. Er hat auf Nachtgespenst umgeschult, erklärte dem Publikum, dass man auch als
Leiche Träume haben kann, wünschte sich Hildegard Knefs berühmte rote Rosen und versicherte gesanglich, dass er die Herzen der stolzesten Frauen breche. Am Ende des Abends blieb man ein bisschen
ratlos zurück: War das nun eher Theater oder doch mehr Musik, gelungenes Entertainment oder geniale Comedy? Was auch immer: Es war grandios. Katja Stieb